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WITH AND WITHOUT KIDS

Gewalt ist ein HILFERUF: Das zirkuläre Muster erkennen und die Resilienz der Bezugsperson als Schlüssel zur Lösung nutzen.

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Der Tanz, den niemand tanzen will


Jeder, der mit Kindern arbeitet oder zusammenlebt – ob Eltern, Erzieher oder Lehrer – kennt diesen Moment der totalen Erschöpfung: Man steckt in einer festgefahrenen, wiederkehrenden Konfliktschleife. Das Kind provoziert, wir reagieren genervt, das Kind steigert sich, wir schreien – und am Ende fühlen sich alle als Verlierer.

In der systemischen Arbeit nennen wir das ein Zirkuläres Muster. Es fühlt sich an, als gäbe es einen unsichtbaren Knopf, den das Kind drückt, um uns zur bekannten, unerwünschten Reaktion zu zwingen.

Die befreiende Wahrheit ist: Das Problem ist nicht Ihr Kind oder Ihre Reaktion. Das Problem ist das Muster selbst. Und wer den Kreislauf zuerst erkennt, kann ihn auch als erster durchbrechen.


1. Die Logik der Eskalation: Wenn der Teufelskreis zur Regel wird


Ein zirkuläres Muster bedeutet, dass die Reaktion von A die Aktion von B auslöst, und die Reaktion von B wiederum die nächste Aktion von A. Es ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf, in dem keine der beiden Seiten die alleinige "Schuld" trägt – beide sind im "Streit-Tango" gefangen.

Besonders in eskalierten Fällen wird das Kind unbewusst zum Profi darin, seine Bedürfnisse (Aufmerksamkeit, Sicherheit) durch extreme Mittel einzufordern, weil es gelernt hat, dass leises Bitten nicht funktioniert.

Die Eskalations-Logik am Beispiel aus der Praxis:

In meiner Praxis traf ich auf eine alleinerziehende Mutter und ihren Jungen. Obwohl er dazu in der Lage war, verweigerte der Junge plötzlich das Brotschmieren. Er nutzte Wut und Ausraster, wenn die Mutter darauf bestand, dass er es selbst tat.

  • Der Teufelskreis: Der Junge wütet → Die Mutter, überlastet von Job und Haushalt, gibt nach, schmierte das Brot (um Frieden zu haben) → Der Junge hat gelernt: Wut und Verweigerung führen zu 100% Aufmerksamkeit und Entlastung.

Die Mutter merkte, dass ihr eigenes Schreien ins Leere lief. Sie zog sich emotional zurück, was die Angst des Kindes verstärkte und dessen Notwendigkeit, immer lauter zu werden, um die Verbindung wiederherzustellen. Die Eskalation wurde zum einzigen Kommunikationsmittel.


2. Die entscheidende Wende: Den Fokus auf die Resilienz der Bezugsperson lenken


In solchen Fällen ist die zentrale Erkenntnis: Gewalt oder extreme Verweigerung des Kindes ist ein verzweifelter Hilferuf des gesamten Systems.

Der Schlüssel zur Lösung liegt nicht im Management des Kindes, sondern in der radikalen Stärkung der erwachsenen Bezugsperson (Eltern, Lehrer, Erzieher). Denn nur eine gestärkte Person hat die emotionale Kapazität, dem Muster standzuhalten und den gewohnten Gegenschritt zu verweigern.

Im Coaching mit der Mutter des Jungen setzten wir den Fokus auf ihre Resilienz:

  1. Entlastung von außen organisieren: Die Mutter war objektiv überfordert. Wir erarbeiteten gemeinsam, welche externe Hilfe möglich war. Sie holte sich Unterstützung vom Jugendamt und einem externen Träger der Lebenshilfe, um die Nachmittagsbetreuung und den Haushalt zu entlasten. (Ressourcen von außen schaffen)

  2. Die Stärke zurückholen: Wir bauten ihre innere Resilienz auf, damit sie die ungesagte Wut des Systems nicht mehr auf sich nehmen musste. Sie lernte, die Wut des Kindes auszuhalten, ohne sich persönlich angegriffen oder emotional gesteuert zu fühlen. (Innere Stabilität herstellen)

  3. Den Ausstieg wählen: Mit dieser neuen Stärke konnte die Mutter bewusst den ersten Schritt des Musters anders machen. Statt nachzugeben, schuf sie Raum für eine neue Reaktion: „Ich sehe deine Wut. Ich schmiere dir dein Brot nicht mehr, aber ich bleibe bei dir, bis du es selbst versuchst.“


3. Handlungsaufforderung: Der mutige erste Schritt


Indem die Mutter das Muster bewusst durchbrach, wurde die Eskalation für den Jungen überflüssig. Er musste nicht mehr in die Wut gehen, weil er wieder bewusste, positive Aufmerksamkeit von einer stabilen Mutter erhielt. Die Verweigerung beim Brotschmieren verschwand.

Ihre systemische Erkenntnis, egal in welcher Rolle Sie sind:

Wenn das Muster eskaliert, schauen Sie nicht auf das Urteil über das Kind. Schauen Sie auf den Hilferuf und die Ressourcen der Bezugsperson.

Der Ausstieg aus der Endlosschleife beginnt, wenn Sie sich fragen:

„Was ist MEIN gewohnter nächster Schritt in diesem Tanz? Und welche Unterstützung brauche ICH, um diesen Schritt heute zu 5% anders zu machen?“

Erlauben Sie sich, Hilfe anzunehmen. Stärken Sie sich selbst, um das stärkste Glied im System zu werden. Sie sind der Schlüssel zur Freiheit.

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